Martin Hähnel (Hg.), Memoria und Mimesis. Paul Ricoeur zum 100. Geburtstag

Art.Nr.: 2013-6

Von Aristoteles stammt der Satz: „Nachahmende ahmen handelnde Menschen nach“ (Poetik 1448a). Eine Nachahmung dient dem Zweck, die Erinnerung als Erinnerung zu erkennen und zur Darstellung zu bringen. Der Mensch – zwischen memoria und mimesis stehend – bringt sich dabei auf eine besondere Weise zur Darstellung, indem er – selbst Bilder hervorbringend – sich als Bild erkennt bzw. sich für andere als Bild zu erkennen gibt. Denn indem wir als Menschen uns selbst und die unsichtbaren Quellen, aus denen wir schöpfen, gestaltend nachahmen, verwahren wir uns vor einem gegenseitigen Vergessen und erinnern uns bleibend daran, dass wir Wesen sind, denen es gegeben ist, sich anzuerkennen.
Der im Jahre 2005 verstorbene Philosoph Paul Ricœur, zu dessen Ehren der vorliegende Band entstanden ist, hat sich Zeit seines Lebens mit diesem Thema auseinandergesetzt. Seine Philosophie, die als eine Symphonie der Zwischentöne bezeichnet werden kann, bemüht sich  um die hermeneutische Bewältigung der Dissonanzen von Erinnern und Vergessen, Gabe und Tausch, Imitation und Kreativität, vermittels dessen das Selbst befähigt wird, seine personale Identität zu erlangen und zu bewahren. Die hier in dem Band versammelten Beiträge versuchen dabei die brüchigen Linien einer solchen Identitätssuche nachzuzeichnen, indem zunächst Ricœurs späte Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Vergessens in den Fokus gestellt wird. Ferner wird an aktuelle Diskurse zu Gabe und Anerkennung angeknüpft sowie ein frischer Seitenblick auf genuin ästhetische Fragestellungen gewagt. Letzteren hat sich Ricœur immer wieder zugewandt – u. a. in dem hier in deutscher Erstübersetzung vorliegenden und kommentierten Essay „Der Ort des Kunstwerks in unserer Kultur“. Der französische Philosoph, der angesichts der Bedrohungen durch das Vergessen auf die unnachahmliche Kraft des Zeugnisses setzt, erweist sich dabei sowohl als Experte in Fragen der praktischen Anerkennung als auch als ausgewiesener Kenner des Schönen.
Weitere Beitragende: Katharina Bauer, Erzählte Spuren. Vom Vergessen und Vergessenwerden (d.i. der Gewinnerbeitrag des LIGA-Bank-Preises der KU Eichstätt 2013), Jean Greisch, Daniela Falcioni, Martin Hähnel, René Kaufmann, Richard Schenk.
Inhalt: Richard Schenk: Geleitwort; René Kaufmann: Paul Ricœur (1913–2005). Philosophischer Grenzgänger und Brückenbauer; Martin Hähnel: Vorwort des Herausgebers; 1. Teil: Vergessen als Bedrohung: Katharina Bauer: Erzählte Spuren – Vom Vergessen und Vergessenwerden, Martin Hähnel: Spaziergänge am Zwillingsfluss; 2. Teil: Die Gabe der Anerkennung: Jean Greisch: Vergiftete Geschenke? Die Gabe der Philosophen und die Gegengabe des Anthropologen; Daniela Falcioni: Das Band und die Bindekraft der Gabe; Martin Hähnel: Die Performativität der Anerkennung im medizinischen Urteil; 3. Teil: Schöpferisches Nachahmen: Paul Ricœur, Der Ort des Kunstwerks in unserer Kultur; Martin Hähnel: Erkundungen zu Paul Ricœurs Theorie des Kunstwerks

ISBN: 978-3-943897-03-6
Paperback; Seiten/Umfang: 122 S. - 21,0 x 14,8 cm
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Martin Hähnel (Hg.), Memoria und Mimesis. Paul Ricoeur zum 100. Geburtstag